Eine kleine Wurst mit großartiger Geschichte
Wer über alle Maßen beliebt ist, kommt normalerweise groß raus. Anders liegt der Fall beim Nürnberger Rostbratwürstchen: Je beliebter es wurde, desto kleiner wurden die Maße! Heute ist es 7 bis 9 cm lang und 20 bis 25 g schwer. Mittlerweile ist es einige Jahrhunderte her, seit die gerade mal fingerlange und fingerdicke Nürnberger Rostbratwurst erfunden wurde.
Die Bratwurst spielte in Nürnberg seit jeher eine wichtige Rolle. 1313 wurde nicht nur das Originalrezept festgelegt, auch das „Bratwurstglöcklein“, eine der ältesten Bratwurstküche Nürnbergs, wurde 1313 erstmals schriftlich erwähnt. Im Herbst 1573 brutzelte auf dem Rost einer öffentlichen Küche dann das erste überlieferte Nürnberger Rostbratwürstchen. Doch was hat dieses Leichtgewicht unter den Würstchen zu einem so beliebten und berühmten Markenzeichen der fränkischen Metropole gemacht?
Dadurch, dass Nürnberg eine Stadt mit reichem Fernhandel und gewissen städtisch verfeinerten Sitten war, konnte die gemeine „Fränkische“ hier immer kleiner, feiner, besser gewürzt, gewitzter hergestellt und damit zur allseits bekannten „Nürnberger” werden. Anders als das Land hat die Stadt an die Qualität stets höhere Anforderungen gestellt. Während sonst Quantität Vorrang hatte, war es der Nürnberger Grundsatz „Klasse statt Masse“, der zum weltweit einzigartigen Produkt geführt hat. Dies ist eine der Versionen eines historischen Erklärungsversuchs.
Eine liebenswerte Anekdote erzählt, die Nürnberger Rostbratwurst habe ihre zierliche Größe erhalten, damit sie durch ein mittelalterliches Schlüsselloch gesteckt werden konnte, um hartnäckige Wurstesser auch nach der Sperrstunde, die auf 21 Uhr festgelegt war, verköstigen zu können.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Wurst – bedingt durch permanente Preiserhöhungen – in immer kleineren Maßen zum gleichen Preis angeboten wurde. Mit Erfolg: Dass man von der Nürnberger Rostbratwurst nie genug kriegen kann, notierte bereits Adolf Knigge: „87 Stück schaffte jemand auf einen Rekord. Aber Fresssäcke gibt es in jeder Stadt“. Den absoluten Rekord hält jedoch ohne Zweifel der ehemalige Stadtrichter Hans Stromer. Diesem 1554 unter anderem wegen „einiger Frevelreden“ zu lebenslanger Turmhaft verurteilten Bratwurstliebhaber hat man zu allen Mahlzeiten neben anderen Speisen immer eine Bratwurst aufsetzen müssen. So brachte er es in 38 Jahren Haft auf stolze 28.000 Bratwürste.
In den Nürnberger Bratwurstlokalen genoss man gerne 6, 8, 10 oder 12 Stück auf dem Herzteller mit Sauerkraut, Kartoffelsalat oder Meerrettich und Senf. Und wem das nicht genug war, der bestellte einfach „eine auf der Gabel“ nach. Dies tat Johann Wolfgang von Goethe sogar paketweise: Er fand bei seinem Nürnberg-Besuch die Bratwürste so schmackhaft, dass er sie sich sogar des Öfteren nach Weimar schicken ließ. Auch der Dichter Jean Paul war von den Wurstpaketen angetan und schwärmte: „Die Würste in meinem Magen sind schöne Vergissmeinnicht von Nürnberg…“.
In der Biedermeierzeit schließlich erfuhr die Rostbratwurst besondere Verbreitung. Man kaufte sich „einen Berg“ und bereitete mit Familie und Freunden die Würstchen auf dem Grill im Freien zu. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert. Gebraten werden sie traditionell auf dem Holzkohlegrill, und Dank ihrer kleinen Größe können sie bereits nach fünf Minuten knusprig und rundum gebräunt verzehrt werden. Wer in der Gastronomie ein typisch fränkisches Gericht probieren will, verlangt nach „Sauren Zipfeln“ und genießt die Nürnberger Bratwürste eingelegt im Essig-Zwiebel-Sud.
Dass das Nürnberger Rostbratwürstchen seit Jahrhunderten mit der Geschichte Nürnbergs verknüpft und dort seit jeher als Spezialität begehrt ist, sagt schon der Name. Doch die Beliebtheit des Würstchens mit der ungewöhnlichen Größe und dem herzhaften Geschmack ist schon lange über die Stadt- und viele Landesgrenzen hinaus gewachsen. Nicht nur in Deutschland, auch international sind Schlütter‘s Echte! eine geschätzte Spezialität und Markenbegriff.